Das Privacy Magazine "prima" wird vom Berliner Datenschutzbeauftragten zusammengestellt und herausgegeben. Die regelmäßigen - an Wochentagen täglichen - Ausgaben enthalten eine Übersicht von datenschutzrelevanten Berichten der (von uns) ausgewählten Berliner und überregionalen (deutschen) Presse.

Abkürzungen der ausgewerteten Tageszeitungen

Ausgabe vom 14. Januar 1999

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"Klick, klick, klick / Fünfzig Bilder pro Sekunde, Millionen von Fotos: Die Datenfirma Tele-Info läßt in den Städten jedes Haus fotografieren - eine neue Datenmacht. Datenschützern will die Firma einen Maulkorb verpassen lassen
... Die Kunden? Vor allem Städte sollen ihr eigenes Abbild kaufen, dazu Rettungsdienste, Polizei, Versicherungen, Banken, Adreßhändler, die Werbewirtschaft. ... Bevor ein einziger Datensatz verkauft ist, hatte der Bundesdatenschutzbeauftragte Joachim Jacob im ZDF losgepoltert: Die Rechte der Bürger würden mit Füßen getreten, der Kriminalität werde Tür und Tor geöffnet, überhaupt sei alles 'unzulässig': 'Eine neue Dimension von Datenmacht in privater Hand; ein schwerer Einschnitt in die Privatsphäre.' Tele-Info sah sich verfolgt und beantragte eine einstweilige Verfügung. Die Entscheidung fällt in diesen Tagen beim Kölner Verwaltungsgericht. Sood schimpft: 'Dieser Dr. Jacob ist erstens nur für Bundesbehörden zuständig; zweitens hat der kein Wort mit uns gesprochen, und drittens stimmt das alles nicht, was der da von der Fernsehkanzel heruntergewettert hat. Wir sammeln keine personenbezogenen Daten.' In Jacobs Bonner Büro hält man sich zurück, die Sprecherin erkennt indes 'den Versuch, uns als Kontrollinstitution mundtot zu machen.' Immerhin sei ihr Amt per Gesetz 'Berater der Bundesregierung' und habe sich sehr wohl 'um die Entwicklung des Datenschutzes in privater Hand zu kümmern'. Strafrechtlich ist die Lage eindeutig uneindeutig: Datenschützer sorgen sich, sehen aber bislang keine Gesetzwidrigkeit. Zivilrechtlich will Tele-Info zurückschlagen. Man erwägt gegen Jacobs Behörde eine Schadenersatz-Forderung für eine PR-Kampagne, um den Imageschaden 'nach diesen Tumulten' (Sood) zu korrigieren. Größenordnung: fünf Millionen Mark. ... ...vielleicht wolle ... eine Reinigungsfirma alle derart bemalten Häuser herausfiltern und die Hausbewohner anschreiben, die man ... am PC ... mit der Tele-Info-ROM in der Kombination mit den Adressen ... findet. ... Gerade solche sekundenschnelle Verknüpfung ... lasse zu einzelnen BürgerInnen detailliertes Wissen kombinieren - Tenor: So wohnt also Bettina M. aus B. Datenschützer warnen. ... Alle Bürger kommen in viele ideale Schubladen - Scoring sagt die Fachwelt dazu. Diese Methode der Rasterfahndung wird durch Tele-Infos Fotosafari perfektioniert. ... ...schlägt die Einrichtung einer öffentlichen Sperrdatei vor. Wer nicht gespeichert werden will, solle es halt kundtun. Das werde 'selbstverständlich akzeptiert'. Es fehlten heute 'aber technologiebezogene, aktuelle Datenschutzgesetze. Da will offenbar keiner ran.' SkeptikerInnen insbesondere privater Sammelwut könnten sich auch anders sehr nachhaltig wehren, etwa im Telefonbuch ihre Hausnummer streichen lassen. Dann ist eine Verknüpfung mit Fotos nicht mehr möglich. Oder man gibt immer und überall - eine Art persönliches AddOn - eine leicht veränderte Hausnummer an, dann wird etwa Neumarkt 7 zu Neumarkt 7/1, zu 7/2,, zu 7/3 etc. Wenn man darüber Buch führt, weiß man auch, wer woher eine Adresse hat." taz 14.1.99 S. 13

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"Online statt Grau-Grün / Finanzämter nehmen Steuererklärungen jetztz auch per Internet entgegen
Berlin
. ...Das Programm, entwickelt bei der Oberfinanzdirektion München, erlaubt es, die Daten ohne zeitraubende Umwege online an die Finanzbeamten zu senden, verschlüsselt, versteht sich, und damit vor fremder Einsicht geschützt. ... Bislang beteiligen sich nur die Finanzämter in Bayern, Rheinland-Pfalz, im Saarland, in Sachsen, Sachsen-Anhalt und Thüringen. Die anderen Länder wollen im Laufe des Jahres folgen." Welt 14.1.99 S. 1

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"'Bonn soll Überwachung stoppen' / Proteste gegen Geheimdienst-Beobachtung eines Juristen
Bürgerrechtsgruppen und Politiker von Bündnis 90/Grüne haben die Bundesregierung aufgefordert, die geheimdienstliche Überwachung des Rechtsanwalts und Publizisten Rolf Gössner zu stoppen. ... Das Bundesamt für Verfassungsschutz hatte dem Bremer Geheimdienstexperten 1996 mitgeteilt, daß er seit 1970 aufgrund seiner Kontakte zu 'linksextremistischen' oder 'linksextremistisch beeinflußten' Organisationen oder Publikationen überwacht wird. ... Bonn müsse 'die Kriterien überprüfen, nach denen die Beobachtungen des Verfassungsschutzes durchgeführt werden', forderte der Jurist. Die Humanistische Union protestierte jetzt dagegen, daß - wie bei Gössner - Kontakte zu angeblich linksextremistischen Gruppen für eine Beobachtung durch den Geheimdienst ausreiche. Mit 'diesen vagen Kriterien' werde jede Kritik in der Öffentlichkeit 'zu einem privaten und beruflichen Risiko'." FR 14.1.99 S. 4

"Bespitzelung / Gössner und die Gier des Geheimdienstes / Ruf nach Beendigung fast 30jähriger Beobachtung" ND 14.1.99 S. 5

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"Schily: Neues Recht stärkt inneren Frieden / Innenminister legt Gesetzentwurf zur Staatsbürgerschaft vor / Eine Mehrheit der in der Bundesrepublik lebenden Ausländer kann deutschen Paß erhalten / Unionsparteien lehnen die Reform ab / CDU und CSU einigen sich auf Text für Unterschriftenaktion
... Eine Regelanfrage beim Verfassungsschutz vor Einbürgerungen will Schily nicht ins Gesetz schreiben." " SZ 14.1.99 S. 1

"Acht Stunden bis zur Einigkeit / Wie die Union eine Nacht lang um ihren Entwurf für das Staatsbürgerschaftsrecht ringt, während SPD und Grüne nur an ein paar Details zu feilen hatten" SZ 14.1.99 S. 3

Kommentar:
"Auf dem richtigen Weg zum neuen Paß
... Und weil man den neuen Bürgern mindestens die Respektierung des Grundgesetzes abverlangen muß, ist es auch gerechtfertigt, daß der Verfassungsschutz einbezogen werden kann. Ob das in Form einer Regelanfrage geschehen muß, daran kann man schon deshalb zweifeln, weil der Aufwand immens wäre." SZ 14.1.99 S. 4

Kommentar:
"Kleine Verbeugungen nach rechts / Staatsbürgerrecht: Ein in der Tendenz guter Entwurf mit Mängeln
... Eine weitere Verbeugung Richtung rechts ist das Kriterium 'Verfassungstreue'. Die völlig abstrakte Regelung erinnert an die unseligen Berufsverbotsregelungen. Wenn überhaupt, kann dies praktikabel nur über die Straffälligkeitsregelung geregelt werden." taz 14.1.99 S. 12

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"Die Geldkarte plattmachen / Chaos-Computer-Club-Chef Wau Holland über die Hackerszene nach dem Tod des Berliners TRON
... (Frage:) 'Ihr seht Euch also nicht als zweites Bundesamt für Sicherheit in der Informationstechnik?' Holland: 'Wenn es zu der Erledigung von bestellten Sicherheitschecks kommt, wird das von eigens aufgebauten, nichtstaatlichen Prüfstellen übernommen, aber nicht vom CCC.' ... (Frage:) 'Kann man Euch irgendwo einordnen in die Lobbyformation von Datenschützern und Bürgerrechtlern?' Holland: 'Das alte Motto lautet: Private Daten schützen, öffentliche Daten nützen, nur die Unterscheidung zwischen beiden Bereichen wird immer schwieriger. Die einseitige Festlegung auf Datenschutz ist etwas, was ich von Anfang an für problematisch gehalten habe, denn Hackern geht es um Datenöffnung. Gleichzeitig gilt es zu überlegen, mit welcher Verantwortung das verbunden ist. Ein Beispiel dafür waren Kreditkarteninformationen, die wir durch verantwortungsloses Handeln einer Firma erhalten haben. Die hatte ihre komplette Firmenbuchhaltung offen im Netz, worauf wir aufmerksam gemacht haben. Gleichzeitig wanderten die Daten in unseren 'Giftschrank'.' ... 'Nach dem Tod von TRON heißt hierzulande die klare Devise: Jetzt erst recht! Also, ISDN-Verschlüsselungs-Telefon bauen, wie er es in seiner Diplomarbeit beschrieben hat, und bei Chipkarten auf Teufel komm raus zerlegen, was zu zerlegen ist. Und wenn's die Geldkarte ist, die dabei plattgemacht wird, da gibt es keine Rücksicht.'" MoPo 14.1.99 S. 39

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"Auf den Chip-Karten wird es allmählich eng / Die dynamische Entwicklung der Technologie macht eine Normierung schwierig
... Geht es aber um das Speichern detaillierter Kunden- oder Patientendaten, setzt die Industrie eher auf optische Speicher (optical memory). Diese quadratischen Miniatur-CDs haben eine extrem hohe Speicherkapazität und alle Daten können ohne viel Aufwand ständig aktualisiert werden." Welt 14.1.99 S. 20

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"Bedeutendste Chipkarten-Konferenz
... Der Miterfinder und Patentinhaber der Chipkarte (1968), der Hamburger Unternehmer Jürgen Dethloff, warnte zugleich vor einem Mißbrauch dieses speziellen Microprozessors. Er dürfe durch seine Informationswege 'nicht zu einem Instrument mehr oder weniger subtilen Zwanges' werden." Welt 14.1.99 S. 38

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"Deutsche Telekom lenkt ein / Datenbanken für Wettbewerber vollständig geöffnet - Preissenkung
Sie wolle die Datensätze, in denen Telefonnummern mit Informationen über den Teilnehmer verknüpft sind, Auskunftsdiensten und Anbietern von Telefonbüchern vollständig zur Verfügung stellen und die Preise erheblich senken." MoPo 14.1.99 S. 28

"Mehr Wettbewerb bei Telefonauskunft / Bundeskartellamt und Telekom einigen sich auf Abrechnungssystem und niedrigere Kosten" HB 14.1.99 S. 13

"Telekom gibt Teilnehmerdaten komplett weiter / Kartellamt stellt Verfahren ein" taz 14.1.99 S. 9

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"Kameraüberwachung der Magdeburger Innenstadt" Tsp 14.1.99 S. 40

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"Computer soll Stasi-Akten kitten
Die Berliner Gauck-Behörde will in diesem Frühjahr ein Pilotprojekt zum Test von Computerprogrammen starten, die zerstörte Stasi-Akten rekonstruieren können." taz 14.1.99 S. 7

"Beim Stasi-Puzzle springt Phoenix dem Sisyphos bei / Rekonstruktion der von MfS-Beamten zerrissenen Akten verkürzt sich durch Computerhilfe um 457 Jahre" FR 14.1.99 S. 28

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